Linde Material Handling: Erfolgreicher Praxistest von Brennstoffzellen-Hybridstaplern bei BMW Leipzig: Staplertechnik von morgen

Egal ob Brennstoffzellenstapler oder eine aktive Schwingungsdämpfung für den Schubmast – die Staplertechnik der Zukunft hält einige Neuerungen bereit.

Symbolbild LOGISTRA (Foto: T. Schweikl)
Redaktion (allg.)

Ein gutes Jahr nach der offiziellen Übergabe von vier Routenzugschleppern und fünf Gabelstaplern mit Brennstoffzellen-Hybridantrieb an das Werk der BMW Group in Leipzig ist man bei Linde Material Handling mit dem Projektfortschritt zufrieden. Die in Leipzig eingesetzten Stapler „Linde E25 HL“ und „Linde H35 HL“ mit 2,5 und 3,5 Tonnen Tragfähigkeit verfügen über ein neu entwickeltes Brennstoffzellensystem mit 80 Volt Spannung, das zwar auf einem Versuchsgelände bereits funktionierte, aber seine uneingeschränkte Praxistauglichkeit erst noch beweisen musste. „Die bei der Teileversorgung im „BMW i“-Karosseriebau des Werkes Leipzig zum Einsatz kommenden Linde-Flurförderzeuge mit Brennstoffzellen-Hybridantrieb übernehmen die gleichen Transportaufgaben wie ihre Pendants mit Blei-Säure-Akku in anderen Werksteilen“, sagte Hannes Schöbel, Produktmanager Innovative Antriebe bei Linde Material Handling. Der Gabelstaplerhersteller aus Aschaffenburg will mit den Projekterfahrungen die Fahrzeuge in die Alltagstauglichkeit überführen. Dazu werden mit den Projektpartnern die gewonnenen Daten ausgewertet und die Technik verbessert. So wurden inzwischen Updates der brennstoffzelleninternen Software vorgenommen.
Infolgedessen sei „die Zuverlässigkeit der Geräte weiter gestiegen“, wie die fortlaufenden Auswertungen des Lehrstuhls für Fördertechnik Materialfluss Logistik (fml) der Technischen Universität München (TUM) ergeben. Die Münchner Forscher begleiten das Projekt wissenschaftlich. „Wir werten die Ereignismeldungen und Serviceberichte aus und ermitteln so in Verbindung mit dem Wartungsaufwand die technische Verfügbarkeit der Geräte. Zusammen mit der zeitlichen Bewertung der Handhabungsschritte während der Wasserstoffbetankung ergibt sich daraus die Einsatzverfügbarkeit der Flurförderzeuge“, schilderte Robert Micheli, wissenschaftlicher Mitarbeiter von Prof. Dr. Willibald A. Günthner am Lehrstuhl fml. Aus den Projekterfahrungen wurden am Lehrstuhl fml zudem Leitlinien für den Einsatz von wasserstoffbetriebenen Flurförderzeugen entwickelt. Diese sollen künftigen Anwendern die Anschaffung und den Betrieb inklusive der dafür notwendigen Infrastruktur und Genehmigungen erleichtern. Das Interesse der Wirtschaft an Brennstoffzellenstaplern scheint groß. „Viele Kunden fragen an und möchten sich die Anwendung im BMW-Werk Leipzig anschauen“, berichtete Linde-Produktmanager Schöbel. „Demnächst liefern wir drei weitere brennstoffzellenbetriebene Flurförderzeuge an Kunden aus der Automobil- und Logistikbranche.“
Ohne Anschubhilfe aus der Politik wäre das Hightech-Projekt freilich kaum zu stemmen gewesen. Die BMW Group, Linde Material Handling und der Lehrstuhl fml der TUM erhielten im Sommer 2013 den Förderbescheid des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur für den Aufbau einer Flotte wasserstoffbetriebener Gabelstapler und Routenzugschlepper. Die Förderung läuft noch bis April 2016 und erfolgt im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie. Das gesamte Volumen beläuft sich auf eine Summe von 2,9 Millionen Euro. Gut angelegtes Geld, wenn damit einer innovativen und schadstoffarmen Antriebstechnik der Weg geebnet wird. Bereits deutlich konkreter als der Brennstoffzellenantrieb für Gabelstapler ist bei Linde Material Handlig ein neues Assistenzsystem für Schubmaststapler. Mit der „Dynamic Mast Control“ soll das lästige Nachschwingen des Mastes bei Ein- und Auslagerprozessen in großer Höhe unterdrückt werden.
Immer höher
„Der Trend zu höheren Regalen in Warenlagern und Distributionszentren ist ungebrochen“, so Bastian Albert, Produktmanager Lagertechnik Deutschland. „Und damit steigt die Nachfrage nach Schubmaststaplern mit Hubhöhen von mehr als acht Metern. Waren im Jahr 2005 nur 38 Prozent aller Linde-Schubmaststapler für diese Hubhöhe ausgelegt, lag der Anteil im letzten Jahr bei 52 Prozent.“ Mit mehr Hubhöhe steigen die Anforderungen an den Fahrer. Wegen des längeren Hebelarms nehmen einerseits die Schwingungen des Mastes zu, andererseits biegt sich der Mast mit angehobener Last stärker durch. Mastschwingungen erschweren vor allem die Einlagerung, da der Bediener warten muss, bis sich der Mast ausgependelt hat. Tut er dies nicht, kann er selbst bei leichten Schwingungen nicht mehr präzise auf der Regalposition ablegen oder beschädigt das Regal oder das Lagergut.
Die sensorgesteuerte Schwingungsdämpfung unterstützt den Bediener dabei. Dreh- und Angelpunkt ist der im Motorraum des Schubmaststaplers untergebrachte elektrische Schubantrieb. Er gleicht mit feinen Gegenbewegungen des Schubschlittens Mastschwingung und Durchbiegung aus, sodass der Fahrer nicht mehr auf das Auspendeln warten muss. Linde Material Handling hat sich bei seinem System gegen einen hydraulischen Schubantrieb entschieden, wie er etwa bei den Geräten von Still verwendet wird. Der elektrische Schubantrieb arbeite laut Linde präziser und energieeffizienter. Das Assistenzsystem soll ab Jahresbeginn 2015 für die aktuelle Schubmaststaplerbaureihe „Linde R14“ bis „R20“ zur Verfügung stehen. Tobias Schweikl

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