Umweltaspekte im Fokus: Wie Logistikunternehmen auf die globale Erwärmung reagieren: Umweltauswirkungen von Gabelstaplern

In den letzten Jahren und Jahrzehnten ist die Bedeutung der Einhaltung von Umweltstandards stetig gestiegen.

Symbolbild LOGISTRA (Foto: T. Schweikl)
Redaktion (allg.)

Die wachsende Bedeutung von Umweltaspekten erklärt sich durch die zunehmende Gewissheit, dass der Mensch zum großen Teil für die globale Erwärmung verantwortlich ist. Während ersten Überlegungen zur vom Menschen verursachten globalen Erwärmung in den 1970ern noch keine Beachtung geschenkt worden ist, konnte man in den 1990ern schon eine ernsthaft geführte Kontroverse darüber beobachten.
Heute hingegen gilt dies mittlerweile als sicher und es wird nur noch darüber debattiert, wie hoch die Erwärmung wohl ausfallen wird. Diesen Erkenntnissen wird zum einen durch eine zunehmend schärfer werdende Umweltgesetzgebung seitens der EU Rechnung getragen. Aber auch innerhalb der Wirtschaft setzt sich ein Problembewusstsein durch. Mittlerweile herrscht ein breiter Konsens über die hohe Bedeutung des Themas. Der Logistik kommt dabei eine Schlüsselposition zu. Während die Umweltauswirkungen der Verkehrslogistik in zahlreichen Untersuchungen bereits unter die Lupe genommen worden sind, ist die Rolle der Intralogistik bisher weitestgehend unbeachtet geblieben. Dies wird sich in Zukunft ändern. Darauf Bezug nehmend wird im Folgenden ein kompakter Überblick über die relevanten Themen zu den Umweltauswirkungen von Flurförderzeugen gegeben.

Aktuelle ­Rahmenbedingungen
Es ist zu erwarten, dass durch die einerseits zunehmende Regulierung bezüglich Umweltstandards und durch das wachsende ökologische Bewusstsein in der Gesellschaft und der Industrie der ökologische Aspekt im Produktionsprozess und im wirtschaftlichen Geschehen deutlich an Gewicht gewinnen wird. So ist neben den bisher bestehenden Verordnungen und Richtlinien mit einer Ausweitung des europäischen Emissionshandels auf weitere Felder der Industrie und insbesondere auf die Logistik zu rechnen.
Die Zukunftsstudie „Transportation & Logistics 2030“ von PricewaterhouseCoopers erwartet dies mit einer 69-prozentigen Wahrscheinlichkeit. Weiterhin hat eine repräsentative Umfrage des Lehrstuhls für Fördertechnik Materialfluss Logistik der TU München unter 45 kleinen, mittleren und großen Unternehmen ergeben, dass 56 Prozent der befragten Unternehmen eine grüne Strategie verfolgen, 95 Prozent der Unternehmen eine nachhaltige Unternehmensstra­tegie für wichtig bis sehr wichtig halten und 52 Prozent der Unternehmen finanzielle Mittel für die Umsetzung einer grünen ­Unter­nehmensstrategie bereit stellen. Darüber hinaus legt die Umfrage offen, dass neben dem Monitoring der CO2-Emissionen die Neugestaltung der Logistik- und Transportsysteme für die Unternehmen die wichtigste Maßnahme zur Umsetzung einer nachhaltigen Strategie darstellt.

Gesetzliche Vorgaben
Neben diesen sich ändernden fakultativen Rahmenbedingungen für den Betrieb technischer Geräte existieren zudem auch verbindliche, durch die EU festgesetzte Vorgaben. Eine der wichtigsten ist die vom europäischen Parlament erlassene Richtlinie 2004/26/EG, die die zulässigen Emissionsgrenzwerte von gasförmigen Schadstoffen und luftverunreinigenden Partikeln aus Verbrennungsmotoren für ­mobile Maschinen festlegt. In Abhängigkeit der Motorleistung wird der Ausstoß von CO, HC, NOx und Partikeln in mehreren Stufen zunehmend begrenzt.
Motoren mit einer Leistung von mehr als 130 kW unterliegen so seit Januar 2010 den Grenzwertevorgaben der Stufe IIIB. Diese Stufe gilt für Motoren mit einer Leistung zwischen 56 kW und 130 kW ab 2011 und Motoren mit einer Leistung zwischen 37 kW und 56 kW ab 2012. Die Stufe IV wird für Maschinen mit einer Leistung von mehr als 56 kW jeweils drei Jahre nach der Einführung der Stufe IIIB gültig.
Die erforderlichen Emissionsgrenzwerte konnten bis zur Stufe IIIA durch innermotorische Maßnahmen eingehalten werden. Für die weitere Reduzierung der Emissionen sind allerdings technische Aufrüstungen wie Partikelfilter ab Stufen IIIB und SCR-Kat, AdBlue und NH3-Sperrkat ab Stufe IV unumgänglich. Dies führt zu Mehrkosten, einem Anstieg des Kraftstoffverbrauchs, mehr Platzbedarf, erhöhter Kühlleistung und einer zusätzlich beheizten Harnstoffversorgung.
Lediglich Stapler mit einer verbrennungsmotorischen Leistung von unter 37 kW sind von den Grenzwerten der Stufen IIIB und IV ausgeschlossen und bedürfen keiner technischen Aufrüstung. Fahrzeuge mit Hybridantrieb werden vor diesem Hintergrund zusätzlich interessant, da bei entsprechender Auslegung ein Teil der notwendigen Leistung von Elektromotoren bereit gestellt wird.

Was wird kommen?
Die EuP-Richtlinie 2005/32/EG stellt einen weiteren Eckpfeiler der europäischen Klimapolitik dar, der für Flurförderzeuge an Bedeutung gewinnen kann. Die auch mit dem Schlagwort Ökodesign bezeichnete Richtlinie regelt die umweltgerechte Gestaltung von ­energiebetrie­benen Produkten im Rahmen des europäischen Klimaschutzprogramms.
Auf der Grundlage der Prodcom-Statistik werden seit Erlass der Richtlinie zu den relevantesten energiegetriebenen Produktgruppen nach und nach Durchführungsverordnungen (DV) erarbeitet. Diese Verordnungen weisen einem Produkt entweder einen maximal zulässigen Energieverbrauch zu oder definieren allgemeine Ökodesign-Anforderungen bezüglich des gesamten Lebenszyklus des Produktes. Bisher ist für Flurförderzeuge noch keine konkrete Durchführungsverordnung geplant. In einer Vorstudie zum Arbeitsplan 2009-2011 werden allerdings bereits Flurförderzeuge erwähnt, weshalb damit zu rechnen ist, dass mittelfristig auch für Stapler eine DV erarbeitet wird.
Es zeigt sich also, dass die Begrenzung der Umweltauswirkungen von Flurförderzeugen zum einen seitens des Gesetzgebers vorangetrieben und zum anderen von der Industrie selbst forciert wird. Eine Schlüsselstellung nimmt dabei die Höhe des Ausstoßes von Kohlendioxid ein, das das mit Abstand bedeutendste Klimagas darstellt.

Konkrete Messwerte
Der Ausstoß von CO2 von Flurförderzeugen erscheint dabei zunächst überraschend hoch. Während Träger der Verkehrslogistik zwischen 25 Gramm CO2 pro transportierter Tonne und Kilometer (CO2/tkm) bei der Bahn und bis zu 158 Gramm CO2/tkm bei Lkw emittieren, erreichen Flurförderzeuge auf der Grundlage des standardisierten Fahrprofils nach VDI 2198 Werte von über 1.000 Gramm CO2/tkm. Dies ist natürlich mit dem besonders energieintensiven Start-Stop Betrieb und mit dem Hubvorgang, der durch diese Kennzahl keine Berücksichtigung findet, zu erklären, weshalb die Kennzahlen in diesem Fall nur bedingt miteinander vergleichbar sind. Eine fundierte Analyse und Entwicklung geeigneter Kennzahlen steht hier noch aus.
Der tatsächliche CO2 Ausstoß hängt zudem in nicht unerheblichem Maße vom eingesetzten Energieträger ab. In Staplern kommen dabei Elektro-, Diesel, Treibgas- und Erdgasantriebe zum Einsatz. In einer Vergleichsstudie wurden diese Antriebe bezüglich ihrer Energiekosten mit 4-Tonnen-Staplern über dem VDI 2198 Fahrprofil verglichen. Ausgehend von den dort ermittelten Verbrauchswerten bei gleicher Umschlagsleistung können die mittleren CO2 Emissionen und drüber hinaus die CO2 Kosten abgeschätzt werden.
Wie zu erwarten war, verursacht der E-Stapler mit 12,6 Kilogramm CO2 pro Stunde die geringsten CO2 Emissionen (siehe Tabelle). Allerdings liegt der CO2 Ausstoß des Dieselstaplers mit zirka 16 Kilogramm CO2 pro Stunde nur 26 Prozent darüber. Nahezu genauso viel CO2 wird vom Erdgasstapler verursacht. Den höchsten Ausstoß mit 17,5 Kilogramm pro Stunde verursacht jedoch der Treibgasstapler.
Dies ist umso erstaunlicher, als der Erdgas- und Treibgasantrieb gemeinhin für besonders umweltfreundlich gehalten werden. Rechnet man bei einer Tonne CO2 mit Umweltkosten von 70 Euro, wie es vom Umweltbundesamt gehandhabt wird, so würden beim Erdgasstapler und beim Dieselstapler zusätzlich Kosten von rund 1,15 Euro beziehungsweise 1,12 Euro pro Stunde, beim E-Stapler Zusatzkosten von 0,88 Euro pro Stunde und beim Treibgasantrieb 1,22 Euro pro Stunde entstehen. Dies entspräche einem Zuwachs zwischen 7,1 Prozent (E-Stapler) und knapp 8,7 Prozent (Erdgasstapler) der gesamten jährlichen Betriebskosten bei 1.200 Betriebsstunden.

Ökostrom verwenden
Unter den bisher aufgeführten Aspekten lohnen sich einige Betrachtungen zur Senkung des CO2-Ausstoßes von Staplerflotten. Ein vergleichsweise schnell umsetzbarer Schritt beim Einsatz von E-Staplern wäre die Verwendung von Ökostrom, der ja nach Erzeugung lediglich bis zu 40 Gramm CO2/kWh verursacht und damit den CO2 Ausstoß um 93 Prozent senkt.
Beim unverzichtbaren Einsatz von Verbrennerantrieben lassen sich aber auch einige Prozente herausholen. Neben langfristigen und mittelfristigen Maßnahmen wie der Beschaffung neuer Fahrzeuge unter umwelttechnischen Gesichtspunkten oder der energieeffizienten Auslegung neuer Läger und Logistikzentren können auch kurzfristige und weniger kapitalintensive Maßnahmen zum Erfolg führen. Diese Maßnahmen zielen weitestgehend darauf ab, die Effizienz im Betrieb zu erhöhen und damit den Energieverbrauch zu senken.
So sollte schon bei der Planung von Prozessen der Aspekt der Energieeffizienz eine wichtige Rolle spielen. Vermeidung unnötiger Arbeitsschritte durch intelligente Lagersteuerung kann dabei eine wesentliche Rolle spielen. Vermeintlich lange Leerfahrten von A nach B können beispielsweise dazu genutzt werden, intelligente Umlagerungsprozesse durchzuführen. Dies kann vor allem im ABC-Lager sinnvoll werden, wenn ein bisher als C-Klasse eingestufter Artikel mittlerweile in der A-Kategorie zu verordnen ist oder umgekehrt.
Darüber hinaus ist auf eine hohe Auslastung von Transportbehältern bei der Arbeitsplanung zu ­achten. Der Einsatz von schwerem Gerät zum Transport kleiner Ladeeinheiten sollte dabei vermieden werden. Zudem ist darauf zu achten, dass bei der Umverpackung von Waren einerseits möglichst wenig Luft verpackt wird und andererseits möglichst standardisierte und gut stapelbare Ladeeinheiten gebildet werden.
Der Einsatz von Warehouse Management Systemen stellt dafür eine wichtige Grundvoraussetzung dar. Bei konsequenter Pflege der Stammdaten können diese Systeme die internen Lagerprozesse weitestgehend optimiert gestalten.Aussagekräftige Kennzahlen spielen dabei eine wichtige Rolle. Auf dem Gebiet der Intralogistik haben sich zwar noch keine allgemeingültigen und vergleichbaren Kennzahlen zur Beurteilung der ökologischen Performance durchgesetzt. Es ist aber zu erwarten, dass sich dies in naher Zukunft ändern wird. Dennoch sollten die Größen wie Umschlagsleistung und Energieverbrauch einer ständigen Kontrolle unterzogen werden, um die notwenige Transparenz für eine Senkung des Energieverbrauchs zu erhalten.
Letztlich bleibt festzuhalten, dass die Ökobilanz auch für Flurförderzeuge einerseits aufgrund restriktiverer Gesetze und andererseits aufgrund eines gesellschaftlichen Wandels zunehmend an Bedeutung gewinnt. Frühzeitige Berücksichtigung der finanziellen und organisatorischen Auswirkungen auf den innerbetrieblichen Warenverkehr sichert die Wettbewerbsfähigkeit und ist unter diesen Umständen unerlässlich.

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Autoren:

Prof. Rainer Bruns (54),
Leiter des Lehrstuhls für Maschinenelemente und Technische Logistik der ­Helmut-Schmidt-Universität Hamburg. Aktuelle Forschungsprojekte unter anderem zu Fahrstabilität und Kipptests von Gabelstaplern, Hybridantrieben sowie der Lebensdauer von Flurförderzeugen.

  • Mitglied WGTL (Wissenschaftliche Gesellschaft Technische Logistik e.V.
  • Veranstalter Hamburger Staplertagung
  • Mitglied VDI-Arbeitskreis Fördertechnik, Materialfluss und Logistik

 

Alexander Frenkel (30),
seit 2006 als wissenschaftlicher Mitarbeiter / Doktorand am Lehrstuhl für Maschinenelemente und Technische Logistik der Helmut-Schmidt-­Universität Hamburg. Er beschäftigt sich dort unter anderem mit der Regelung von Hybridantrieben.

  • Diplom-Ingenieur (Universität Rostock)
  • Studentische Hilfskraft ­Fraunhofer AGP
  • Praktikant Baker Hughes Inc. (USA)

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